Warten auf die Barbaren
Zusammenfassung
Der Roman «Warten auf die Barbaren» von John Maxwell Coetzee erzählt die Geschichte eines namenlosen Magistrats, der eine kleine Grenzstadt in einem unbenannten Imperium verwaltet. Das Leben des Magistrats ändert sich, als Colonel Joll in die Stadt kommt, um eine vermeintliche Bedrohung durch die Barbaren zu unterdrücken. Der Colonel wendet brutale Verhörmethoden und Folter an, was beim Magistrat innere Konflikte und Zweifel an der Rechtmäßigkeit der imperialen Handlungen auslöst. Der Magistrat beginnt, Mitgefühl für die Barbaren zu empfinden und beschließt, einem der Folteropfer, einer jungen Frau, zu helfen, indem er sie zu ihrem Volk zurückbringt. Seine Handlungen führen zu seiner Verhaftung und Anklage wegen Hochverrats. Letztendlich erkennt der Magistrat die Sinnlosigkeit von Gewalt und Grausamkeit sowie die Zerbrechlichkeit der Zivilisation angesichts der Barbarei, die, wie sich herausstellt, auch vom Imperium selbst ausgehen kann.

Hauptideen
- Kolonialismus und seine Folgen: Untersuchung der Auswirkungen kolonialer Macht auf die einheimische Bevölkerung und die Natur.
- Moralische Zweideutigkeit: Erforschung der moralischen Dilemmata, mit denen die Charaktere, insbesondere der Hauptcharakter, der Magistrat, konfrontiert werden.
- Entmenschlichung und Gewalt: Analyse, wie die Angst vor den «Barbaren» zu Grausamkeit und unmenschlicher Behandlung führt.
- Macht und Korruption: Kritik am Machtmissbrauch und dem bürokratischen System, das repressive Regime unterstützt.
- Identität und Anderssein: Untersuchung des Themas des «Anderen» und wie die Angst vor dem Unbekannten gesellschaftliche und persönliche Beziehungen formt.
Historischer Kontext und Bedeutung
Der Roman «Warten auf die Barbaren» von John Maxwell Coetzee, veröffentlicht 1980, ist ein bedeutendes Werk der Literatur, das Themen wie Kolonialismus, Macht und Moral erforscht. Das Buch ist eine Allegorie, die imperialistische Politik und die damit oft einhergehende Grausamkeit kritisiert. Die Geschichte erzählt von einem Magistrat, der beginnt, die Rechtmäßigkeit der Handlungen seiner Regierung gegenüber den sogenannten Barbaren zu hinterfragen. Der Roman hatte einen erheblichen Einfluss auf das kulturelle Verständnis und die Auseinandersetzung mit Fragen der Gerechtigkeit, des Humanismus und der Ethik unter Bedingungen von Unterdrückung und Gewalt. Er trug auch dazu bei, Coetzees Ruf als einer der führenden Schriftsteller der Gegenwart und Nobelpreisträger für Literatur zu festigen.
Hauptfiguren und ihre Entwicklung
- Magistrat: Der Hauptcharakter und Erzähler, der eine kleine Grenzstadt verwaltet. Zunächst glaubt er an die Gerechtigkeit des Imperiums, beginnt jedoch allmählich, an dessen Methoden und moralischen Prinzipien zu zweifeln. Seine Einstellung zu den Barbaren und seinen eigenen Handlungen ändert sich, als er Zeuge der Grausamkeit des Imperiums wird und selbst gefoltert wird.
- Colonel Joll: Ein Vertreter des Imperiums, der in die Stadt kommt, um eine vermeintliche Bedrohung durch die Barbaren zu untersuchen. Er ist grausam und erbarmungslos und verwendet Folter, um Informationen zu erhalten. Seine Methoden und Handlungen stoßen den Magistrat ab und werden zum Katalysator für dessen inneren Konflikt.
- Barbarenmädchen: Eine junge Frau, die vom Imperium gefangen genommen und gefoltert wurde. Der Magistrat nimmt sie unter seine Obhut und versucht, ihr bei der Genesung zu helfen. Durch ihr Leiden und den Umgang mit ihr beginnt der Magistrat, die Ungerechtigkeit und Grausamkeit des Imperiums zu erkennen.
Stil und Technik
Der Roman «Warten auf die Barbaren» von John Maxwell Coetzee zeichnet sich durch einen minimalistischen und lakonischen Stil aus, der die Atmosphäre von Ungewissheit und Spannung unterstreicht. Die Sprache des Werkes ist einfach, aber reich an Symbolik und Metaphern, was ein tieferes Eindringen in den psychologischen Zustand der Charaktere ermöglicht und Themen wie Macht, Gewalt und Moral erforscht. Coetzee verwendet Techniken des inneren Monologs und des Bewusstseinsstroms, um die inneren Erlebnisse des Hauptcharakters, des Magistrats, zu vermitteln. Die Struktur der Erzählung ist linear, aber reich an Rückblenden und Reflexionen, was eine Mehrschichtigkeit der Erzählung schafft. Der Autor nutzt auch meisterhaft Kontraste zwischen Zivilisation und Barbarei, um die Relativität dieser Begriffe zu betonen und beim Leser Fragen über die Natur menschlicher Grausamkeit und Gerechtigkeit aufzuwerfen.
Interessante Fakten
- Das Buch erforscht Themen wie Kolonialismus, Macht und Moral durch das Prisma der Beziehungen zwischen dem Imperium und den Barbaren.
- Der Hauptcharakter, der Magistrat, ist ein Symbol für den moralischen Kampf und den inneren Konflikt, während er versucht, seine Menschlichkeit inmitten von Grausamkeit und Ungerechtigkeit zu bewahren.
- Das Werk wurde von Michel Foucaults Essay über Disziplin und Strafe sowie von den Arbeiten Franz Kafkas inspiriert.
- Der Titel des Buches verweist auf das Gedicht «Warten auf die Barbaren» von Konstantinos Kavafis, das ebenfalls das Thema der Angst vor dem Unbekannten untersucht.
- Das Buch wurde 2019 in einen gleichnamigen Film adaptiert, in dem Mark Rylance, Johnny Depp und Robert Pattinson die Hauptrollen spielten.
Buchrezension
«Warten auf die Barbaren» von John Maxwell Coetzee ist ein kraftvolles und tiefgründiges Werk, das Themen wie Kolonialismus, Macht und Moral erforscht. Kritiker heben hervor, dass Coetzee meisterhaft eine Atmosphäre von Ungewissheit und Spannung schafft, die den Leser in eine Welt eintauchen lässt, in der die Grenzen zwischen Zivilisation und Barbarei verschwimmen. Der Hauptcharakter, der Magistrat, wird zum Symbol des inneren Kampfes und des moralischen Erwachens, was ihn zu einem komplexen und vielschichtigen Charakter macht. Kritiker betonen auch, dass Coetzees Sprache und Stil lakonisch, aber reichhaltig sind, was der Erzählung besondere Kraft und emotionale Tiefe verleiht. Insgesamt erhielt das Buch hohe Bewertungen für seine philosophische Tiefe und Relevanz und bleibt ein wichtiges Werk im Kontext der Diskussion über die menschliche Natur und soziale Gerechtigkeit.
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