Morphologie des Märchens
Buchrezension
«Morphologie des Märchens» von Wladimir Jakowlewitsch Propp ist ein Meilenstein in der Geschichte der Literaturwissenschaft und Folkloristik. Mit filigraner Präzision legt Propp den inneren Mechanismus des Zaubermärchens frei, wie ein Meisterjuwelier, der ein komplexes Uhrwerk in seine kleinsten Teile zerlegt. Seine Methode ist nicht bloß eine Klassifikation, sondern eine poetische Enthüllung des Wesens der Erzählung, bei der jede Funktion der Figur zum Baustein einer klaren Architektur des Plots wird. Kritiker betonen, dass Propps Werk nicht nur neue Horizonte für die Analyse von Märchentexten eröffnet hat, sondern auch Generationen von Forschern, Schriftstellern und Drehbuchautoren beeinflusste. Das Buch beeindruckt durch Klarheit, gedankliche Strenge und zugleich durch die künstlerische Intuition des Autors, der es versteht, hinter dem trockenen Schema das lebendige Atmen des Volksschaffens zu zeigen. In dieser Abhandlung hat der Zufall keinen Platz: Jede Funktion, jede Figur ist in ein einheitliches System eingebettet, in dem das Wunder zum Gegenstand wissenschaftlicher Analyse wird und die Wissenschaft zur Kunst des Eindringens in die Geheimnisse des Märchens. Propp hat nicht nur ein wissenschaftliches Werk geschaffen, sondern ein Buch, in dem strenge Logik mit poetischer Weltsicht vereint ist und das Kritiker bis heute durch seine Weitsicht und Tiefe der Durchdringung des volkstümlichen Erzählens begeistert.
